Gestalttherapie Ausbildung Nürnberg

Was ist Gestalttherapie?

Die Gestalttherapie wurde in den frühen 1950er Jahren durch das Ehepaar Fritz und Lore Perls sowie Paul Goodman in Abgrenzung zur Psychoanalyse begründet. Das Wort „Gestalt“ ist der Gestaltpsychologie entlehnt. Die Gestaltpsychologie beschreibt die menschliche Wahrnehmung als eine Fähigkeit, Strukturen und Ordnungsprinzipien in Sinneseindrücken auszumachen. Ihren Ursprung hat die Gestaltpsychologie bei den Ideen des österreichischen Philosophen Christian von Ehrenfels (1859 – 1932). Anhand des Beispiels der Melodie konnte Ehrenfels zeigen, dass sich ein sinnvolles Ganzes nicht nicht durch die Analyse einzelner Elemente ergibt: Mit 3 x Ton a und 5 x Ton c und 3 x Ton f kann niemand etwas anfangen. Erst durch Anordnung der Töne in Beziehung zueinander entsteht etwas, das in seiner Ganzheit nicht nur mehr ist als die Summe seiner Einzelteile, sondern genauer gesagt, eigentlich etwas anderes.

Gestalttherapie ist also nicht zu verwechseln mit Gestaltungstherapie, auch wenn es Kunsttherapeuten gibt, die ihrem Theorieverständnis nach gestalttherapeutisch ausgerichtet sind oder Gestalttherapeuten sich in ihrer Arbeit mit ihren Klienten kreativer Medien bedienen. Im Gegensatz zur klassischen Psychoanalyse oder der behavioristisch ausgerichteten Verhaltenstherapie, die beide in einer atomistisch-assoziativen Denkweise gefangen sind, ist die Gestalttherapie ganzheitlich ausgerichtet. Der Mensch wird nicht nur als die Summe von Denk- und Verhaltensweisen gesehen, die es zu diagnostizieren, analysieren oder konditionieren gilt. Vielmehr gilt der gestaltpsychologische Grundsatz, dass der Mensch als Ganzes erfasst werden muss, um zum
Verständnis seines Wesens zu gelangen.

Wie Vertreter anderer humanistischer Psychotherapieverfahren (z.B. der Gesprächstherapie nach Rogers) geht auch die Gestalttherapie von der Annahme aus, dass der Mensch das Potenzial und die innere Motivation besitzt, lebenslang zu wachsen und kreative Lösungen für die Anforderungen des Lebens zu finden. Er hat die Fähigkeit, Einfluss auf sein Umfeld und seine Umgebung zu nehmen. Im wechselseitigen Austausch ist er grundsätzlich in der Lage, seine Bedürfnisse dahingehend zu
befriedigen, dass er ein sinnerfülltes Leben führen kann. Vereinfacht gesprochen entstehen Probleme durch unflexible, der aktuellen Situation unangemessene Verhaltens- und Denkmuster („Charakter“) und „unabgeschlossene Gestalten“, also Situationen, für die es in der Vergangenheit keine zufriedenstellenden Lösungen gab. Dadurch konnten Emotionen nicht gelebt werden. Ein Gestalttherapeut möchte seinem Klienten helfen, seine Bewusstheit auszuweiten, Zugang zu neuen Erlebensweisen zu finden und abgespaltene Persönlichkeitsaspekte zu integrieren, um damit wieder ganz und heil zu werden.

Der Ansatz der Gestalttherapie

Der Ansatz der Gestalttherapie ist phänomenologisch, d.h. ein Gestalttherapeut orientiert sich bei seinem Vorgehen weniger an abstrakten Hypothesen von der Beschaffenheit der Psyche, nach denen er den Patienten deutet. Vielmehr möchte er helfen, eine Achtsamkeit zu entwickeln für das, was im Hier-und-Jetzt geschieht, sodass er seine Hindernisse nicht nur kognitiv versteht, sondern diese sinnlich erlebt. Er fragt weniger vergangenheitsorientiert nach einem „Warum“, sondern nach „wie“, z.B. „Wie hindert sich der Patient durch seine Denk- und Verhaltensgewohnheiten daran, seine Bedürfnisse im Hier-und-Jetzt zu befriedigen?“

Wichtigstes Merkmal eines Gestalttherapeuten ist seine therapeutische Haltung. Diese Haltung ist beeinflusst durch das Paradox der Veränderung, das besagt, dass Veränderung geschieht, wenn jemand wird, was er ist und nicht, wenn er versucht, zu werden, was er nicht ist. Deshalb versucht der Gestalttherapeut eine akzeptierende Grundhaltung einzunehmen und den Klienten in seinem
„So-Sein“ zu würdigen, ihn mit allen seinen Gefühlen und „Fehlern“ anzunehmen, ohne dabei jedoch seine Potenziale und Wachstumsmöglichkeiten aus den Augen zu verlieren.

Warum Gestalttherapie lernen?

Wenn Du Dich als Berater, Coach, Therapeut oder Pädagoge für Gestalttherapie entscheidest, dann geht es Dir nicht primär darum, eine Sammlung von Methoden und Techniken zu erlernen, mit der Du Deine Schützlinge wie ein Ding oder ein Organ behandelst. Vielmehr bist Du daran interessiert, eine Haltung einzunehmen, die einem humanistischen, ganzheitlichen Menschenbild entspricht.
Mein Anliegen als Ausbilder ist es, Dir zu einem grundsätzlichen Verständnis der gestalttherapeutischen Prinzipien zu verhelfen, damit Du im Laufe Deiner praktischen Arbeit die Fähigkeit entwickelst, individuell und situationsgerecht auf Dein Gegenüber eingehen zu können. Neben der Vermittlung der nötigen theoretischen Kenntnisse möchte ich einen praktischen Bezug über Selbsterfahrungselemente herstellen. Deshalb wünsche ich mir, dass Du Interesse daran hast, Dich ein Stück weit selbst zu reflektieren und Dich in den Kontakt zu anderen Ausbildungsteilnehmern einzubringen. Natürlich werden wir uns auch mit den „typischen“ gestalttherapeutischen Methoden und Techniken beschäftigen (z.B. „der leere Stuhl“) , aber eben immer im Kontext der dahinterstehenden Philosophie.

Ausbildungsinhalte: Gestalttherapie

1. Unterrichtseinheit: Grundlagen der Kommunikationspsychologie und klientenzentrierte Gesprächsführung
2. Unterrichtseinheit: Die Wurzeln der Gestalttherapie: Psychoanalyse, Gestaltpsychologie, dialogisches Prinzip nach Martin Buber, Philosophie der schöpferischen Indifferenz, Phänomenologie, Selbst-Konzept der Gestalttherapie, Organismus-/Umwelt-Feld
3. Unterrichtseinheit: Diagnostik in der Gestaltherapie, der Kontaktprozess und andere Prozessmodelle, kultivierte Unsicherheit, Umgang mit Deutung, Bewältigunsmechanismen, 5 Säulen der Identität, ...
4. Unterrichtseinheit: Therapeutische Wirkfaktoren und Interventionsprinzipien, Praktische Hinweise zum Erstgespräch, ...
5. Unterrichtseinheit: Selbstwertregulation
6. Unterrichtseinheit: Prozessuale Aktivierung, Arbeit mit Polaritäten und Integration abgewehrter Anteile, Top-Dog / Underdog, Techniken des leeren Stuhls
7. Unterrichtseinheit: Entwicklungspsychologie, Bindungstheorie, Empathie, Biographiearbeit und Lebenspanorama
8. Unterrichtseinheit: Imagination, Geschichten- und Metaphern, Traumarbeit
9. Unterrichtseinheit: Der Einsatz kreativer Medien: Ton, Malen, Musik
10. Unterrichtseinheit: Ängste
11. Unterrichtseinheit: Trennung, Trauer, Tod, Sinn, Glaube und Spiritualität und anderen existenziellen Fragestellungen
12. Unterrichtseinheit: Scham, Schuld, Aggression, Liebe- bzw. Verliebtheit, Kränkungen
13. Unterrichtseinheit: Körperarbeit, Körperbild, Fokussing, Psychosomatik
14. Unterrichtseinheit: Trauma

Ablauf und Kosten der Ausbildung - Gestalttherapie

Insgesamt werden 14 Unterrichtseinheiten (Wochenenden) stattfinden:
Freitag ca. 18:00 bis 21:00 sowie Samstag ca. 9:00 bis 16:00. (8-10 Stunden pro Ausbildungseinheit)

Die Gesamtzeit der Ausbildung beträgt demnach ca. eineinhalb Jahre (Ferien ausgenommen). Am Ende der Ausbildung bekommst Du ein entsprechendes Zertifikat, welches dir vom Institut und dem Dozenten ausgestellt wird. Die Teilnehmerzahl beschränkt sich auf 6 bis maximal 12 Personen.

Vor der eigentlichen Ausbildung wird es an einem Samstag einen Einführungs- und Selbsterfahrungstag geben. Die Teilnahme ist unverbindlich, d.h. Du hast hier die Möglichkeit, andere potenzielle Ausbildungsteilnehmer und den Dozenten näher kennen zu lernen, ohne Dich für die weitere Teilnahme an der Ausbildung zu verpflichten. Die Teilnahme am Einführungs- und
Selbsterfahrungstag ist jedoch Voraussetzung für die Ausbildung.
Kosten für 14 Unterrichtseinheiten: 2.280 €
Kosten für den Einführungs- und Selbsterfahrungstag: 120 €

An wen richtet sich die Ausbildung Gestalttherapie

Die Ausbildung richtet sich an:
HeilpraktikerInnen für Psychotherapie und Angehörige anderer psychosozialer Berufsgruppen: Erzieher, Pädagogen, Ergotherapeuten, Logopäden, Sozialarbeiter,Theologen, Heilerziehungspfleger, Alten- und Krankenpfleger, u.a. Eine ausbildungsbegleitende Lehrtherapie wird empfohlen und als Ausbildungsstunden bescheinigt, aber nicht vorausgesetzt.

Wirksamkeit der Gestalttherapie

Gestalttherapie konnte in einer Vielzahl von Studien und Einzelfalluntersuchungen Wirksamkeitsnachweise erbringen. In einer neueren Untersuchung der humanistischen Psychotherapieverfahren (zu der die Gestalttherapie zählt) in den USA liegen die humanistischen Therapieverfahren insgesamt punktgleich in Bezug auf die Effektstärke mit der Kognitiven Verhaltenstherapie. In Hinblick auf die soziale Kompetenz zeigt sich Gestalttherapie anderen Therapieverfahren sogar überlegen. Gestalttherapie gilt deshalb als evidenzbasiertes Psychotherapieverfahren.